Lesung und Gespräch
17:00 Uhr, Europapunkt
“Das Leben trotz allem lieben”. Tagebuch über eine Reise nach Odesa. Autorin Iryna Fingerova im Gespräch mit Eduard Klein
Filmvorführung
18:00 Uhr, Kino City 46
"Nawalny" (ENG/RUS 2022, Regie: Daniel Roher, 98 Minuten, OmdU), Gespräch: Olesya Krivtsova und Denis Shedov
Kundgebung
17:00 Uhr, Bremer Marktplatz
Frieden und Freiheit für die Ukraine!
Vortrag und Diskussion
19:00 Uhr, Landeszentrale für politische Bildung
NS-Überlebende in der Ukraine heute. Ragna Vogel (Kontakte-Контакты e.V.) und Marcus Meyer (Denkort Bunker Valentin) im Gespräch mit Muriel Nägler
Buchvorstellung/Diskussion
19:00 Uhr, Kukoon
Russia’s War in Ukraine. Ukrainische Wissenschaftler*innen beschreiben den Krieg.
Autorin Tetiana Kostiouchenko im Gespräch mit Eduard Klein
Wissenswertes
Die Idee zur ersten feministischen Textsammlung in der DDR, dem Lila Band, entstand im Herbst vor dreißig Jahren – das Archivale des Monats November ist die fünfte Ausgabe der Samisdatpublikation

Foto: Fabian Winkler Fotografie. Quelle: Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, Bremen, FSO 2-076
Im Herbst 1985 erregten die Frauen um Friederike Woldt, die Landesjugendwartin der Jungen Gemeinde in Dresden, Aufsehen, als sie das Weiterbildungsseminar für Mitarbeiter/innen der evangelischen Kirche zum ersten Mal konsequent als Frauenseminar gestalteten. Ebensolche Aktivitäten standen im genuinen Widerspruch zum Selbstverständnis des DDR-Staates, die Gleichberechtigung der Geschlechter vollständig verwirklicht zu haben. Gruppen, die sich etwa mit der gesellschaftlichen Realität von Frauen auseinandersetzten, zogen den Argwohn staatlicher Obrigkeit auf sich. Die Frauen schufen sich so ihren eigenen Raum für Diskussionen, die öffentlich und auch oftmals im Rahmen der Kirche, nicht ausgetragen werden konnten. Die feministische Arbeit der Frauen in Wilkau-Haßlau fand schließlich auch einen gedruckten Ausdruck. 1986 entstand die Idee zum ersten innerkirchlichen frauenspezifischen Samisdat in der DDR, dem Lila Band. Die fünfte Ausgabe der Textsammlung, die sich mit dem Thema „Mütter“ beschäftigt, ist das Archivale des Monats November.
Den Ursprung der nichtstaatlichen Frauenbewegung lässt sich zu Beginn der 1980er Jahre verorten. Im Zuge des Engagements gegen das Wehrdienstgesetz vom 25. März 1982 waren viele nichtstaatliche Frauengruppen aus der Bürgerrechtsbewegung in der DDR hervorgegangen. Diese differenzierten sich in der Mitte der 80er Jahre schließlich in Frauenfriedensgruppen, kirchliche Frauengruppen und Lesbengruppen aus. Ab 1984 wurden jährliche Frauentreffen, zunächst noch als Frauenfriedenstreffen, organisiert, die sich im Laufe der Jahre zu Netzwerktreffen sämtlicher Frauengruppen und -initiativen in der DDR entwickelten.

Foto: Fabian Winkler Fotografie. Quelle: Archiv der Forschungsstelle Osteuropa, Bremen, FSO 2-076
Das Lila Band entstand im kirchlichen Rahmen. Theologische Fragen und Belange werden in der Textsammlung jedoch eher selten thematisiert. Vielmehr sind alle sechs der von 1987 bis 1989 halbjährlich erschienen Ausgaben inhaltlich und graphisch äußerst vielgestaltig. Neben Berichten über frauenspezifische Werkstätten und Seminare finden sich Gedichte, persönliche Ausführungen zur Gemeindearbeit oder der Arbeit in Frauengruppen sowie zum Mutter-Tochter-Verhältnis (wie in der vorgestellten fünften Ausgabe) auf den durchschnittlich zwanzig, maschinengeschriebenen Seiten. Um ohne staatliche Druckgenehmigung erscheinen zu können, trug jede Ausgabe den Zusatz ‚nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch‘. So nutzten die Herausgeberinnen den legalen Rahmen bzw. die publizistische Grauzone, den die evangelischen Kirchen in der DDR schufen, da kircheninterne Druckerzeugnisse von der staatlichen Zensur ausgenommen waren. Außerdem stand der Jungen Gemeinde in Dresden eine ORMIG-Vervielfältigungsmaschine zur Verfügung – ein Geschenk einer westlichen Gemeinde – auf der zuletzt etwa 600 Exemplare des Lila Band gedruckt wurde.
Die Textsammlung wirkte als ein Organ, das verschiedenste Frauengruppen in der DDR überregional vernetzte. Sie kann als das verschriftliche Pendant zu dem physischen Raum in Wilkau-Haßlau betrachtet werden. Dieser sei „zu DDR-Zeiten einer der wenigen Orte [gewesen], wo halt auch nicht-christliche Frauen hinkamen, weil sie sich dort frei genug fühlten, auch über ihre Erfahrungen zu sprechen“, berichtet Friederike von Kirchbach (ehem. Woldt).
Lesetipps:
Kenawi, Samirah: Frauengruppen in der DDR der 80er Jahre. Eine Dokumentation, Berlin 1995.
Röckemann, Antje: ‚Lila Band‘ in der DDR (1987-1989), in: Matthiae, Gisela, u.a. (Hrsg.): Feministische Theologie. Initiativen, Kirchen, Universitäten – eine Erfolgsgeschichte, Gütersloh 2008, S. 88-90.
Dies.: Das ‚Lila Band‘ in der DDR. Von 1987-1989, in: Schlangenbrut, Bd. 107 (2009. Jg. 27), S. 32.
Lisa Städtler
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